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Craft Beer in den USA: Von wegen Bud Light und wässriges Dosenbier

Zwei Biere auf Kiste
Ich trinke kein Bier, nie und nimmer nich. Wie soll ich also vernünftig über Craft Beer schreiben, das sich zu einem ganz großen Trend (siehe hier) entwickelt? Ganz einfach – ich frage eine Expertin. Nina Anika Klotz von den Hopfenhelden hat sich des Themas angenommen – dankeschön!

Zwei Biere auf Kiste

Benjamin Franklin gilt als ein Held der amerikanischen Biergeschichte, denn er prägte den Satz: „Bier ist der Beweis, dass Gott die Menschen liebt.“ Nach ihm ging es allerdings erst einmal ordentlich bergab mit Qualität und Ansehen des amerikanischen Bier – bis Präsident Barack Obama letztes Jahr in der Küche des Weißen Hauses ein Honey Ale selbst braute und sich damit an die Spitze einer Bewegung setzte, die die Brauwirtschaft jenseits des Atlantiks ordentlich durchgeschüttelt hat: Die Craft Beer Revolution ist da.

Von Nina Anika Klotz, www.Hopfenhelden.de

Das mit dem Bier in den USA ist wie mit dem Essen. Die Leser dieses Blogs wissen das ja: In der breiten Masse gibt es da ganz viel Mist, keine Frage. Dazwischen verstecken sich aber auch richtige Perlen.

Mit der großen Whole-Foods-besser-und-bewusster-Essen-Welle der letzten fünf, sechs, vielleicht zehn Jahre, seit man in Brooklyn den Samstagmorgen gern auf dem Farmers‘ Marketverbringt um „organic greens“ zu shoppen und seit in Kalifornien Kolonnen exzellenter Foodtrucks mit Gourmet Street Food durch die Straßen rollen, seitdem ist das gute Bier in den USA eine richtig große und spannende Sache. Sie nennen es Craft Beer. Craft wie Handwerk. Und Beer wie Bier eben. Nur eben besser als Bud Light, Coors und wässriges Miller aus der Dose.

Der Marktanteil der Craft Biere steigt stetig

Zapfhähne Craft Beer FestivalManch einer spricht gar von der Craft Beer Revolution. Und tatsächlich sorgt das neue, bessere Bier für einige Bewegung auf dem US-Biermarkt. Während der Pro-Kopf-Konsum seit geraumer Zeit nämlich konstant nach unten geht (2013 mit einem Minus von 1,9 Prozent), steigt die Nachfrage nach Craft Beer schnell und stetig (im gleichen Jahr um 17,2 Prozent – Quelle: Brewers Association). Von all den in den USA getrunkenen Bieren gelten knapp acht Prozent als Craft Beer.

Craft Beer ist, ganz einfach und kurz gefasst, Bier, das nicht aus der Großbrauerei kommt. Bier, hinter dem kein Weltkonzern wie Inbev steht, sondern ein paar Männer (und erfreulich oft auch ein paar Frauen), die Bier mit Eigensinn und Liebe brauen statt irgendwelchen Marketing-Strategien folgend und dem Massengeschmack entsprechend. Ihnen geht es weniger um Gewinnmaximierung und Profit, sondern mehr um ihr außergewöhnliches, besonderes Produkt und manchmal auch um die Erfüllung ihres Lebenstraumes: Brauer sein.

Ales, Stouts & Porters gegen das langweilige Lager

Bier von Sierra Nevada USADer Zusammenschluss der amerikanischen Craft Beer Brauer, die Brewers Association, definiert Craft Beer so: „An American craft brewer is small, independent and traditional.“ Craft Brewer wagen sich im Gegensatz zur Brauindustrie oft und gern an ungewöhnlich und fast schon vergessene Bierstile. Statt des weitverbreiteten, untergärigen Lagers setzen sie auf obergärige Biere, Englisch: Ales. Sie haben das American bzw. California Pale Ale wieder aufleben lassen und das IPA (India Pale Ale), allesamt stark hopfenbetonte Biere, sie wagen sich an Stouts und Porter, machen mal ein Sauerbier oder – auch das, ja – eine Berliner Weiße (nur echt OHNE Sirup) oder ein Belgisches Lambic. All diese Biersorten sind in der Regel aromatischer als untergäriges Bier ( = Lager) wie Helles und Pils, bei manch einem Glas wundert der Trinkenden sich gar, ob das denn wirklich ein Bier sei. So fruchtig? Diese Karamellnoten? Das Süßliche hier, das soll ein Bier sein? Ja! Craft Beer.

Die Ursprünge der Craft-Beer-Bewegung

Ihre Wurzeln hat die Craft Beer Bewegung in den 1970ern. Oder nein, wenn man ganz genau ist, um 1920. Vor der Prohibition gab es in den USA zahllose kleine bis mittelständische Brauereien, von denen viele von deutschen, belgischen, englischen Einwanderern gegründet worden waren. Entsprechend vielfältig war auch das Bier, das im Amerika des frühen 20sten Jahrhunderts getrunken wurde. Während der Prohibition aber mussten alle diese Unternehmen dicht machen und als das Alkoholverbot aufgehoben wurde, übernahmen drei große Braukonzerne den gesamten US-Markt: Anheuser-Busch, Miller und Coors. Alle drei brauten ziemlich gleich schmeckendes Bier: „crisp lagers“, knackige, nicht zu bittere Biere, möglichst billig, schnell und konstant in gigantischer Menge gebraut.

President Carter erlaubt Verkauf von Home Brews

Home Brew AusrüstungWem das nicht schmeckte, dem blieb nichts anderes, als sich sein Bier selber zu brauen. Das ist – wenn man ehrlich ist – nicht rocket science und mit etwas Mühe für Jedermann in der eigenen Küche möglich. Nur: Erlaubt war das in den USA bis dato nicht. Auch nach der Prohibition blieb es verboten Bier mit mehr als 0,5% Alkohol selbst zu brauen – bis Jimmy Carter im Oktober 1978 HR 1337 unterschrieb, ein Gesetz, das das Bierbrauen legalisierte, und damit das Craft Beer Movement in Bewegung brachte. Von da an entstand in den USA eine lebendige Home-Brewing-Szene, in der Hobbybrauer Tricks, Tipps, Rezepte und sicherlich auch das eine oder andere Bier austauschten. Und nach einer zweiten Gesetzesänderung von 1982/83 durften sie ihr Bier sogar verkaufen. Von da an wurde aus so manchem begnadeten Hobbybrauer ein Craft Brewer.

Craft Beer Macher der ersten Stunde sind etwa Jim Koch, Gründer der Brauerei Samuel Adams in Boston, oder Ken Grossman von Sierra Nevada in Kalifornien. Führend sind heute außerdem die Brooklyn Brewery, New York, Left Hand Brewing, Dogfishhead, Stone Brewing Company,Lagunitas. Und alle Nase lang macht eine neue Craft Brewery auf. Wohl noch in diesem Jahr werden es laut Brewers‘ Association 3000 sein.

» Wie die Bewegung langsam über den Atlantik nach Europa schwappte, lesen Sie in Kürze in Teil 2 des Artikels.

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