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Cynthia Barcomi im Interview: „Backen ist sinnlich!“

Cynthia Barcomi im Interview


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Muss ich auf dieser Webseite irgendjemandem erklären, wer Cynthia Barcomi ist? Vermutlich nicht. Doch? Dann hat der/die vermutlich erst gestern das Thema „amerikanisches Backen“ für sich entdeckt und noch nie einen Buchladen von innen gesehen 🙂 Denn Cynthia Barcomi ist die ungekrönte „Baking Queen“ Deutschlands. Die gebürtige Amerikanerin betreibt in Berlin das Barcomi’s Deli in Mitte und die Kafferösterei und Café in Kreuzberg und hat bisher fünf Bestseller-Bücher veröffentlicht. Auf der IFA Berlin hatte ich am KitchenAid-Stand Gelegenheit, ein Interview mit der 51-jährigen zu führen. Die vierfache Mutter ist schlank, lebhaft und in keinster Weise „promi“, sondern ausgesprochen nett! Fast eine Stunde hat sie sich Zeit genommen, um mir – und Euch – etwas zum Thema Backen, Kochen und Essen beiderseits des Atlantiks zu erzählen…

GF: Als Bloggerin für USA kulinarisch interessiert mich natürlich als erstes, was kulinarisch Ihre Lieblingsregion in den USA ist…

CB: Die gibt es nicht! In den USA hat jede Region ihre kulinarischen Highlights. Im Westen sind es zum Beispiel Apple- und Cherry-Pies, in New York Cheesecake und Bagels, in Neuengland  Chowder und Seafood. Das Land ist so vielseitig und es wächst so viel – das versuche ich in meinen Büchern zu vermitteln und für den deutschen Gaumen zugänglich zu machen.

barcomi01GF: „Für den deutschen Gaumen zugänglich zu machen“ – das heisst vermutlich erstmal beim Backen den Zucker zu reduzieren?

CB: Das, was man in den USA an Backwaren zum Beispiel im Supermarkt kauft, ja, das ist total bunt und übersüß. Und das entspricht der europäischen Vorstellung von amerikanischem Backen und Kochen. Aber es gibt viele traditionelle Rezepte, die sind ganz anders – in klassischem Pieteig ist zum Beispiel gar kein Zucker drin.

Wenn ich Rezepte für meine Bücher entwickele, dann lege ich Wert darauf, dass ein „runder Eindruck“ entsteht und dass man nicht nur süß wahrnimmt. Ich reduziere also Zucker – aber das hat auch seine Grenzen. Denn bei zu wenig Zucker stimmt hinterher die Textur und die Balance mit den anderen Aromen und Zutaten nicht mehr. Denn jede Zutat spielt ihre eigene Rolle. Zucker unterstützt zum Beispiel den Geschmack von Obstsorten und bindet die Flüssigkeit. Es ist nur wichtig, das richtige Verhältnis zu finden, damit es nicht nur eine Zutat ist, die im Vordergrund steht.

GF: Was ändern Sie noch in Ihren Rezepten, um Sie dem deutschen Gaumen anzupassen?

CB: Ach, eigentlich wenig. Denn inzwischen sind viele Leute so weit gereist und wissen viel von anderen Landesküchen, dass man da ruhig etwas wagen kann. Als ich aber damals angefangen habe, im Barcomi’s Kreationen mit Zucchini, Erdnussbutter oder Süßkartoffeln anzubieten, da musste ich ganz viel Geduld haben, dass der Kunde mir vertraut, davon probiert und sich begeistern lässt.

GF: Sie sind – natürlich – bekannt für Ihr amerikanisches Gebäck. Wie backen Sie privat zuhause – auch ausschließlich amerikanisch?

CB: Nein, gar nicht. Ich mag auch sehr gerne pikante Quiches, Crostatas und Tartes – vom Ursprung her europäisch, aber vielfältig in ihrer Art.

barcomi04GF: Und Ihr liebstes deutsches Kuchen- oder Tortenrezept?

CB: Ich erinnere mich, dass ich mal bei Freunden einen ganz einfachen Blechkuchen gegessen haben – Aprikose mit Streusel. Ganz frisch, mit Hefeteig unten drunter, der war köstlich. Aber grundsätzlich scheinen mir die deutschen Rezepte komplizierter und mehrschrittiger zu sein als die amerikanischen!

GF: Sie haben ja schon einige Backtrends mitgesetzt oder für Ihre Bücher umgesetzt. Was wird denn das nächste Trendthema nach den Cupcakes? 

CB: Hmm…Wir fotografieren gerade viele neue Dinge für mein neues Backbuch und da will ich noch nichts verraten! „Fusion“ wie bei den bekannten Cronuts ist aber ein Thema. Ich habe zum Beispiel Laugen-Bagel für eine Fernsehshow gemacht, das funktionierte gut! Grundsätzlicher Trend scheint mir aber eine Art „neue Lust am Selbermachen“ zu sein – nämlich etwas selbst zu machen, was gut schmeckt. Anders als in den 70er Jahren wollen wir heute mehr Zeit in der Küche verbringen als Pendant zum schnelllebigen und sehr technischem Alltag. Es ist etwas Sinnliches und Entspannendes!

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